Presse - Info
zur Frühjahrstagung des Fachverbandes "Hadronen und Kerne"  der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) vom 22. - 26. März in Freiburg 
          Wieviel wiegt das Universum?
          Darstellung der Lunge durch Einatmen von3He-Gas
          Krebstherapie mit Kohlenwasserstoff-Ionen
          Neuartige Quellen für Röntgenstrahlung 

Fragen ...


Neueste Experimente mit den rätselhaftesten aller Elementarteilchen, den Neutrinos, lassen den Schluß zu, daß diese Teilchen Masse besitzen. Erklären diese Erkenntnisse den Massen-Defekt des Universums? 

... über Fragen


Die Struktur von Protonen, die zusammen mit den Neutronen die Atomkerne aufbauen, ist trotz großer Anstrengungen noch nicht verstanden. Wie kommt die Masse des Protons zustande, wie sein Eigendrehimpuls (Spin)? 

Ca. 430 Beiträge zur Grundlagenforschung


Fragen dieser Art, die der Grundlagenforschung zugehören, werden in den ca. 430 Vorträgen auf der diesmal in Freiburg stattfindenden Frühjahrstagung der DPG angesprochen. Es werden mehr als 500 Teilnehmer erwartet, von denen der größere Teil Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler sind. 

Eine wichtige Rolle werden Anwendungen spielen, die sich aus der Erforschung der Fragestellungen der Grundlagenforschung ergeben haben. Hierzu zählen insbesondere: 

 ... in der Materialforschung ...

  • Verwendung von seltenen radioaktiven Elementen zur Materialforschung 

... in der Biologie ...

  • Neuartige, sehr leistungsstarke Röntgenquellen zum Einsatz in der Materialforschung und Biologie 

... über die Diagnostik ...

  • Lungendarstellung mit Hilfe von polarisiertem 3He-Gas 

... bis zur Krebstherapie

  • Einsatz von Schweren Ionen bei der Krebstherapie 

Letzterer Punkt wird in einem auch für Laien verständlichen Abendvortrag (Prof. Dr. J. Debus, Dienstag, 20.00 Uhr) an ersten Fallbeispielen im Detail vorgestellt. 

Aus der Vielfalt der eingereichten Beiträge seien die folgenden besonders hervorgehoben. 

Haben Neutrinos Masse? (K. Winter

  • Die Frage eventueller Neutrino-Oszillationen wird im Rahmen eines aus vier Plenarvorträgen bestehenden Mini-Symposiums im einzelnen erörtert. Die Ergebnisse eines in Japan durchgeführten Großexperiments könnten zur Lösung von lange anstehenden Fragen (Masse des Universums, Defizit von Neutrinos aus der Sonne, Test des Standardmodells der Elementarteilchenphysik) beitragen. Die erzielten Ergebnisse haben weltweit zur Planung neuerer, genauerer Experimente geführt, die im einzelnen diskutiert werden. 

Struktur von Nukleonen 

  • Präzisionsmessungen, die neuerdings insbesondere an Beschleunigern in Deutschland mit polarisierten Strahlen und polarisierten Targets im GeV-Bereich durchgeführt werden, versprechen neue Erkenntnisse über die Struktur des Protons, insbesondere über den Ursprung seiner Masse und seines Eigendrehimpulses (Spin) (K. Königsmann). Die Ergebnisse werden helfen, die starke Wechselwirkung (verantwortlich für den Aufbau der Kerne) im niederenergetischen Bereich zu verstehen und damit die entsprechende Theorie - die Quantenchromodynamik - in diesem Bereich besser testen zu können. (T. Walcher

Das Universum im Labor (R. Stock

  • Den Zustand des Universums kurz nach dem Urknall kann man heute in Kollisionen von schweren Ionen höchster Energien nachvollziehen. Bei Experimenten an der GSI Darmstadt, am Europäischen Forschungszentrum CERN in Genf und am Brookhaven National Laboratory (USA) werden Situationen erzeugt, die dem Zustand der Materie zu einer Zeit von einer tausendstel Sekunde nach dem Urknall entsprechen. Er wird als Quark-Gluon-Plasma (QGP) bezeichnet. Bei der Suche nach dieser Zustandsform wurden erste Erfolge erzielt: Es konnte die Temperatur (3 Billionen Grad) bestimmt werden, bei der aus dem QGP Protonen und Neutronen auskondensieren. Weiterhin konnten die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Teilchendichte und der Druck erstmalig abgeschätzt werden 


Kernphysikalische Forschung - nutzbar in der Medizin 

  • Einige der in der kernphysikalischen Forschung entwickelten Methoden haben wichtige Anwendungen in der Medizin gefunden. Dazu gehört die Darstellung der Lunge mittels Kernspintomographie (3He), die die bisher verwendeten Verfahren weit in den Schatten stellt (E.-W. Otten). hnliches gilt für die Behandlung spezieller Tumore, insbesondere im Bereich des Kopfes, mittels schwerer Ionen, die an der Gesellschaft für Schwere Ionen (Darmstadt) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (Heidelberg) entwickelt wurde. Der Aufbau eines großen Bestrahlungszentrums bei Heidelberg ist in Planung (P. Debus). 

Neue Röntgenmikroskope erlauben die drei-dimensionale Darstellung einzelner Atome (A. Richter)

  • Die Erzeugung von Röntgenstrahlung mittels freier Elektronen-Laser wird eine neue Art von Röntgenmikroskopie erlauben, die die Erforschung extrem schneller und in kleinsten Dimensionen ablaufender physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse ermöglicht. Deutschland gehört mit entsprechenden Anlagen in Darmstadt und Dortmund zu den Pionieren auf diesem Gebiet. In nächster Zeit soll beim Deutschen Elektron Synchrotron in Hamburg eine noch leistungsfähigere Quelle aufgebaut werden. 

Grundlagenforschung lebt von engagierten Nachwuchs-
wissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern


Bei der Organisation der Tagung wurde besonders darauf geachtet, die Interessen und Belange der jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu berücksichtigen. So wurden sie von vorne herein bei der Themenauswahl zu Rate gezogen und bei Plenarvorträgen eingesetzt. Es ist einzig und allein dem großen Einsatz und Engagement dieser Nachwuchswissenschaftler zu verdanken, daß die physikalische Grundlagenforschung in Deutschland nach wie vor höchsten internationalen Ansprüchen genügt. Obwohl die Berufschancen in der freien Wirtschaft für diplomierte und promovierte Physikerinnen und Physiker zur Zeit glänzend sind, gelingt es noch immer wenigstens einen Teil von ihnen trotz wirtschaftlicher Nachteile und Unsicherheiten in der Lebensplanung bei interessanten Projekten der Grundlagenforschung zu halten, was angesichts des oft verbreiteten Kulturpessimimus doch Anlaß zur Hoffnung gibt. Eine weitere Reduktion der Mittel und Berufschancen in der Forschung würden jedoch auch hier zu einem Absterben der Aktivitäten mit dramatischen mittelfristigen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland führen. 

Kontakt: 
Prof. Dr. H. Koch
Institut für Experimentalphysik I 
Ruhr-Universität Bochum 
44780 Bochum 
Tel.: 0234 / 700 3561 
Fax: 0234 / 7094 170
email: hkoch@ep1.ruhr-uni-bochum.de