Fragen ...
Neueste Experimente mit den rätselhaftesten aller Elementarteilchen,
den Neutrinos, lassen den Schluß zu, daß diese Teilchen Masse
besitzen. Erklären diese Erkenntnisse den Massen-Defekt des Universums?
... über Fragen
Die Struktur von Protonen, die zusammen mit den Neutronen die Atomkerne
aufbauen, ist trotz großer Anstrengungen noch nicht verstanden. Wie
kommt die Masse des Protons zustande, wie sein Eigendrehimpuls (Spin)?
Ca. 430 Beiträge zur Grundlagenforschung
Fragen dieser Art, die der Grundlagenforschung zugehören, werden in
den ca. 430 Vorträgen auf der diesmal in Freiburg stattfindenden Frühjahrstagung
der DPG angesprochen. Es werden mehr als 500 Teilnehmer erwartet, von denen
der größere Teil Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler
sind.
Eine wichtige Rolle werden Anwendungen spielen, die sich aus der
Erforschung der Fragestellungen der Grundlagenforschung ergeben haben. Hierzu
zählen insbesondere:
... in der Materialforschung ...
- Verwendung von seltenen radioaktiven Elementen zur Materialforschung
... in der Biologie ...
- Neuartige, sehr leistungsstarke Röntgenquellen zum Einsatz in
der Materialforschung und Biologie
... über die Diagnostik ...
- Lungendarstellung mit Hilfe von polarisiertem 3He-Gas
... bis zur Krebstherapie
- Einsatz von Schweren Ionen bei der Krebstherapie
Letzterer Punkt wird in einem auch für Laien verständlichen
Abendvortrag (Prof. Dr. J. Debus, Dienstag, 20.00 Uhr) an ersten Fallbeispielen
im Detail vorgestellt.
Aus der Vielfalt der eingereichten Beiträge seien die folgenden
besonders hervorgehoben.
Haben Neutrinos Masse? (K.
Winter)
- Die Frage eventueller Neutrino-Oszillationen wird im Rahmen eines aus
vier Plenarvorträgen bestehenden Mini-Symposiums im einzelnen erörtert.
Die Ergebnisse eines in Japan durchgeführten Großexperiments
könnten zur Lösung von lange anstehenden Fragen (Masse des Universums,
Defizit von Neutrinos aus der Sonne, Test des Standardmodells der Elementarteilchenphysik)
beitragen. Die erzielten Ergebnisse haben weltweit zur Planung neuerer,
genauerer Experimente geführt, die im einzelnen diskutiert werden.
Struktur von Nukleonen
- Präzisionsmessungen, die neuerdings insbesondere an Beschleunigern
in Deutschland mit polarisierten Strahlen und polarisierten Targets im
GeV-Bereich durchgeführt werden, versprechen neue Erkenntnisse über
die Struktur des Protons, insbesondere über den Ursprung seiner Masse
und seines Eigendrehimpulses (Spin) (K.
Königsmann). Die Ergebnisse werden helfen, die starke Wechselwirkung
(verantwortlich für den Aufbau der Kerne) im niederenergetischen Bereich
zu verstehen und damit die entsprechende Theorie - die Quantenchromodynamik
- in diesem Bereich besser testen zu können. (T.
Walcher)
Das Universum im Labor (R.
Stock)
- Den Zustand des Universums kurz nach dem Urknall kann man heute in
Kollisionen von schweren Ionen höchster Energien nachvollziehen. Bei
Experimenten an der GSI Darmstadt, am Europäischen Forschungszentrum
CERN in Genf und am Brookhaven National Laboratory (USA) werden Situationen
erzeugt, die dem Zustand der Materie zu einer Zeit von einer tausendstel
Sekunde nach dem Urknall entsprechen. Er wird als Quark-Gluon-Plasma (QGP)
bezeichnet. Bei der Suche nach dieser Zustandsform wurden erste Erfolge
erzielt: Es konnte die Temperatur (3 Billionen Grad) bestimmt werden, bei
der aus dem QGP Protonen und Neutronen auskondensieren. Weiterhin konnten
die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Teilchendichte und der Druck erstmalig
abgeschätzt werden
Kernphysikalische Forschung - nutzbar in der Medizin
- Einige der in der kernphysikalischen Forschung entwickelten Methoden
haben wichtige Anwendungen in der Medizin gefunden. Dazu gehört die
Darstellung der Lunge mittels Kernspintomographie (3He),
die die bisher verwendeten Verfahren weit in den Schatten stellt (E.-W. Otten).
hnliches gilt für die Behandlung spezieller Tumore, insbesondere im
Bereich des Kopfes, mittels schwerer Ionen, die an der Gesellschaft für
Schwere Ionen (Darmstadt) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum
(Heidelberg) entwickelt wurde. Der Aufbau eines großen Bestrahlungszentrums
bei Heidelberg ist in Planung (P.
Debus).
Neue Röntgenmikroskope erlauben die drei-dimensionale Darstellung
einzelner Atome (A.
Richter)
- Die Erzeugung von Röntgenstrahlung mittels freier Elektronen-Laser
wird eine neue Art von Röntgenmikroskopie erlauben, die die Erforschung
extrem schneller und in kleinsten Dimensionen ablaufender physikalischer,
chemischer und biologischer Prozesse ermöglicht. Deutschland gehört
mit entsprechenden Anlagen in Darmstadt und Dortmund zu den Pionieren auf
diesem Gebiet. In nächster Zeit soll beim Deutschen Elektron Synchrotron
in Hamburg eine noch leistungsfähigere Quelle aufgebaut werden.
Grundlagenforschung lebt von engagierten Nachwuchs-
wissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern
Bei der Organisation der Tagung wurde besonders darauf geachtet, die Interessen
und Belange der jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu
berücksichtigen. So wurden sie von vorne herein bei der Themenauswahl
zu Rate gezogen und bei Plenarvorträgen eingesetzt. Es ist einzig und
allein dem großen Einsatz und Engagement dieser Nachwuchswissenschaftler
zu verdanken, daß die physikalische Grundlagenforschung in Deutschland
nach wie vor höchsten internationalen Ansprüchen genügt.
Obwohl die Berufschancen in der freien Wirtschaft für diplomierte und
promovierte Physikerinnen und Physiker zur Zeit glänzend sind, gelingt
es noch immer wenigstens einen Teil von ihnen trotz wirtschaftlicher Nachteile
und Unsicherheiten in der Lebensplanung bei interessanten Projekten der
Grundlagenforschung zu halten, was angesichts des oft verbreiteten Kulturpessimimus
doch Anlaß zur Hoffnung gibt. Eine weitere Reduktion der Mittel und
Berufschancen in der Forschung würden jedoch auch hier zu einem Absterben
der Aktivitäten mit dramatischen mittelfristigen Folgen für die
Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland führen.
Kontakt:
Prof. Dr. H. Koch
Institut für Experimentalphysik I
Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
Tel.: 0234 / 700 3561
Fax: 0234 / 7094 170
email: hkoch@ep1.ruhr-uni-bochum.de |